Merkwürdige Lücken im Nationalgedächtnis
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Etienne Francois/
Hagen Schulze (Hg.)
Deutsche Erinnerungsorte
C. H. Beck. 726 Seiten. 68,? DM
Eine geballte Ladung Erinnerung, die uns da in der schwergewichtigen Aufsatzsammlung von Francois und Schulze auf dem Lesepult lastet. Zumal die gut 700 Seiten nur den ersten dieses auf drei Bände angelegten Projekts darstellen. Erinnerung schafft Identität, ausgehend von dieser Einsicht haben die Herausgeber versucht, Schlüsselbegriffe der deutschen Geschichte in Aufsätzen namhafter Autoren erläutern zu lassen, wobei nicht nur geographische Erinnerungsorte wie Nürnberg, Weimar und Canossa berücksichtigt werden, sondern auch Personen, Objekte und Begriffe. Der Volkswagen etwa, oder Nietzsche, Jud Süß und der Bolschewik, Grimms Märchen und die Junker. In Gruppen gegliedert, die so deutsch überschrieben sind wie »Reich«, »Volk«, »Schuld« und »Erbfeind«. Und unvermeidlich fängt da schon das Dilemma an: Was ist denn nun deutsch? Warum finden sich unter den »Dichtern und Denkern« Goethe, Fontane und die Manns, aber kein Schiller, kein Brecht und - kollektive Jugenderinnerung - kein Karl May? Ist Canossa im Nationalgedächtnis nicht längst durch Mallorca verdrängt? Andererseits weist die Auswahl ohnehin eine überproportionale Anzahl von Erinnerungsorten des 20. Jahrhunderts auf. Natürlich verblasst die Erinnerung mit zunehmendem zeitlichen Abstand, und auch den Herausgebern ist durchaus bewusst, dass jede solche Auswahl Kritik geradezu provozieren muss. So gesehen ist das mutige Unterfangen einer Sammlung deutscher Erinnerungsorte der Rezensentenmäkelei eigentlich enthoben.