DDR Fotografie
Die Fotografin des Ostens
Ausstellung. Evelyn Richter (1930-2021) hat über 50 Jahre lang als Fotografin die Arbeits- und Alltagswelt der Nachkriegsgesellschaft dokumentiert: in Ostdeutschland ebenso wie in der Sowjetunion, der Tschechoslowakei und in Polen. 1961 dokumentierte sie heimlich den Beginn des Mauerbaus, 1989 die Montagsdemos in Leipzig. Als erstes Museum in Westdeutschland zeigt der Kunstpalast Düsseldorf nun eine Retrospektive ihres Werkes.
Evelyn Richter trug ihre Kamera stets bei sich. Sie fotografierte Stadtlandschaften, in denen teilweise noch lange Zeit Kriegsruinen zu sehen waren. Sie fotografierte ihre Mitreisenden in Straßenbahnen und Zügen. Viele Fotografinnen der DDR haben den Transit zum Bildmotiv gemacht – als Grauzone, in der Menschen für die Dauer einer Fahrt mit der Aufführung ihres öffentlichen Selbst pausieren konnten. Entsprechend nachdenklich, erschöpft, in sich gekehrt wirken sie in Richters Bildern.
Ein wichtiges Motiv der DDR-Bilderwelt, in der sich Richter als Fotografin behauptete, war der werktätige Mensch. Besonders stolz war die DDR auf die arbeitende Frau. Richter stellte sie auf ihre Art dar. Die Arbeiterinnen, die Richter in Fabriken und Spinnereien fotografierte, lachen nicht fröhlich in die Kamera, sondern wirken konzentriert, skeptisch, oft müde. Manche verschwinden geradezu hinter den Produktionsmitteln.
Immer wieder fotografierte Richter auch Kinder. Zusammen mit dem Psychologen Hans-Dieter Schmidt stellte sie 1980 im Band »Entwicklungswunder Mensch« Kinder als eigensinnige Individuen dar, vor denen man Achtung haben sollte, die nicht bloß funktionieren müssen.
»Evelyn Richter verstand ihr künstlerisch-dokumentarisches Werk in Opposition zu den politisch gewollten Bildern der DDR«, sagt Kuratorin Linda Conze. Richters Fotografien sind bestimmt von Melancholie statt Pathos und fragen unterschwellig danach, ob die DDR hielt, was sie versprach.
vom 25. Mai bis 10. September 2023
im Museum der bildenden Künste Leipzig.