Alice im Arbeitsamt
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Kino. »Ich arbeite als Texterin und Online-Redakteurin für mehrere Kunden« – so lautet Alices mit tonloser Stimme abgespulte Formel, wenn jemand fragt, was sie so im Leben tut. Tatsächlich ist die alleinstehende 39-Jährige seit längerer Zeit arbeitslos und kommt immer schwerer über die Runden. Wie in einer Abwärtsspirale rutscht Alice von einer kleinen Alltagspanne in die nächste. In dem schwarzhumorigen Debütfilm »Reise nach Jerusalem« wird in sprechenden Details gezeigt, wie ein Mensch bei der vergeblichen Arbeitssuche zermürbt wird. Das Kinderspiel aus dem Titel dient dabei als Metapher für eine statusfixierte Gesellschaft, in der die Pechvögel aussortiert werden. So durchläuft die überqualifizierte Akademikerin im Jobcenter sinnlose Bewerbungstrainings und bleibt schließlich weg, was ihre Lage verschlimmert. Das Tricksen wird nicht nur in absurden, mit Benzingutscheinen belohnten Marktforschungsjobs zu ihrer zweiten Natur. Auch bei Treffen mit Freunden wahrt sie den Schein einer souveränen »Freelancerin«. Doch schon ein Extragetränk an der Bar droht die Lüge auffliegen zu lassen. Der Kampf um Arbeit, Würde und Halt lässt ihr Lächeln immer angestrengter werden. Nebenbei wird in diesem feinfühligen Frauendrama die Kehrseite der Partystadt Berlin sichtbar: Hippe Kreative sind mitunter prekäre Existenzen und müssen, wie Alices Musiker-Nachbar und Teilzeit-Gigolo, buchstäblich ihre Haut zu Markte tragen.