Eine Abrechnung mit der deutschen Klassengesellschaft
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Roman. »Ich sah Martha zum ersten Mal auf dem vierzigsten Geburtstag meiner Mutter.« Mit diesem Satz beginnt eine erotische Beziehungsgeschichte zwischen zwei sehr verschiedenen Menschen, die ein halbes Leben anhält, aber nie richtig gelebt werden kann, denn Martha ist eine etablierte deutsche Literaturprofessorin – und Zeljko ein fünfzehnjähriges Migrantenkind aus Herzegowina; seine Mutter arbeitet bei Martha als Putzfrau. Für Zeljko, der sich in Deutschland lieber Jimmy nennt, hat Martha alles, was er ersehnt und was ihn von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben trennt. Und Martha fühlt sich offenbar angezogen von der zarten Liebenswürdigkeit und dem großen Bildungshunger des Ausländerjungen. So kreisen die beiden zunächst jahrelang in wachsender Spannung umeinander. Als Zeljko mit Marthas Unterstützung ein Studium beginnen kann, wird eine ungleiche, oft quälend stockende Liebesbeziehung daraus. Diese Liebesbeziehung ist aber nicht die Essenz des Romans, sondern eher die Folie, auf der sich die unüberbrückbaren Hierarchien und Ausgrenzungen im »Einwanderungsland Deutschland« abbilden. In vielen scharf beobachteten Details aus beiden Milieus, die Martin Kordić wie beiläufig und oft sehr humorvoll einstreut, wird die soziale Ungerechtigkeit dieser Gesellschaft frappierend konkret. So entwickelt sich auch die Liebe der beiden zum erotischen Machtkampf und Marthas finanzielle Unterstützung für Zeljkos Studium zum subtilen Kontrollmittel. Dass sich das alles dennoch spannend, berührend und stellenweise sehr poetisch liest, spricht für einen Autor, der verschiedene Erzählebenen und bittere gesellschaftliche Wirklichkeit in guter Literatur vereinen kann.