Corona-Mutmach-Geschichte
Eine Corona-Mutmach-Geschichte für Kinder
Mama, wann darf ich wieder mit Tim spielen?
Marvin ist fast vier Jahre alt, ein richtiges Kindergartenkind. Er geht gerne in den Kindergarten, in die Löwengruppe. »Da gibt es so eine schöne Bauecke«, sagt er. »Und wenn wir mittags alle am Tisch sitzen, kann ich so viele Apfelstücke essen, wie ich will.«
Draußen spielt er am liebsten mit Tim aus der anderen Gruppe. »Das ist mein bester Freund, der ist immer so lustig.« Tim hat rote Haare, ein richtiger Lockenkopf ist er. Er lacht Marvin an, und zusammen fahren sie Dreirad, eine Runde nach der anderen.
Eines Tages, als Marvin nachmittags abgeholt wird, schluchzt er: »Ich will nicht mehr in den Kindergarten!« »Warum denn nicht?«, fragt seine Mutter und drückt feste seine Hand. »Darum«, antwortet Marvin, mehr nicht. Nach einiger Zeit: »Ich darf nicht mehr mit Tim spielen!« »Warum? Hattet Ihr Streit?«, fragt die Mutter nach. »Corona! Wenn wir aus der Löwengruppe draußen sind, sind die anderen drinnen. Und wenn Tim mit seiner Gruppe rausgeht, müssen wir drinnen spielen«, stampft Marvin wütend auf.
»Scheiß-Corona! Ich geh nicht mehr in den Kindergarten«, schreit Marvin laut.
Eine Woche später ist für alle Kinder im Kindergarten Schluss. Keiner darf mehr hin, wegen der Ansteckungsgefahr mit dem neuen Virus.
»Wann darf ich wieder mit Tim spielen? Es ist so langweilig allein zu Hause!«, fragt Marvin seinen Vater.
»Bald, aber nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen.
Warten. – Das Corona-Virus kann alle krank machen. Ich muss auch zu Hause arbeiten«, bedauert Marvins Vater. »Ohne Kollegen, allein vor dem PC.«
Marvin darf im Zimmer nicht mehr so laut spielen. »Was ist denn mit Corona?«, fragt er seine Mutter. »Corona ist so böse!« »Ja, Corona ist sehr böse«, bekräftigt seine Mutter.
»Wenn wir beim Einkaufen nicht unsere Masken tragen, können wir krank werden. Dann kann das Corona-Virus in unseren Körper kommen«, erklärt Mama. »In den Mund wie eine Wespe, die auf dem Kuchen sitzt?«, fragt Marvin nach. »Ja, so ähnlich, wie ein gefährliches Tier«, antwortet seine Mutter.
»Mama, wann darf ich wieder mit Tim spielen? Es ist so langweilig allein zu Hause!« »Bald, aber nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen. Warten.«
»Ich muss auch warten«, erklärt seine Mutter. »Ich würde so gerne wieder zum Yoga-Kurs gehen mit meiner Freundin. Geht aber nicht. Geschlossen wegen Corona.«
Ein paar Tage später kommt Oma zu Besuch, Marvin freut sich und jubelt: »Mit Oma kann ich immer so toll Lego-Türme bauen!« Aber drinnen darf Oma nicht mit ihm spielen, sie kann sich anstecken. Corona.
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»Wann darfst du denn wieder mit mir im Kinderzimmer spielen?«, fragt Marvin seine Oma.
»Bald, aber nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen. Warten!«, tröstet ihn seine Oma. Dann geht sie mit ihm im Garten zum neuen Hochbeet. »Du isst doch so gerne Möhren. Schau mal, da kommt schon eine!« Oma bleibt vor dem Beet stehen und Marvin reckt sich in die Höhe und schaut auf Omas Zeigefinger. Er sieht nur einen ganz dünnen grünen Stängel. »Die Möhre wächst in der Erde, das weißt du doch«, meint Oma. Marvin will an dem grünen Stängel ziehen, er will die Möhre sehen. »Halt! Die Möhre will erst wachsen!«, stoppt ihn die Oma. Marvin schaut enttäuscht. »Wann ist die denn dick?«, fragt er.
»Bald, aber nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen. Warten.«
Am Samstag hat auch der Vater Zeit, in den Garten zu gehen. Der Kirschbaum blüht so schön weiß. Überall schöne weiße Blüten. Sein Papa hebt ihn hoch, und Marvin sieht eine dicke Hummel auf einer Blüte. »Die holt sich von dem süßen Honig, das schmeckt ihr«, erklärt ihm der Vater.
»Ich esse doch auch so gerne Kirschen, wo sind die denn jetzt?«, überlegt Marvin. »Die müssen erst noch wachsen, die brauchen noch viel Zeit«, antwortet der Vater und setzt den Jungen wieder runter. »Wann sind die denn rot?«, fragt Marvin.
»Bald, aber nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen. Warten.«
Der Kindergarten hat immer noch nicht für alle Kinder geöffnet. Marvin geht nicht in den Kindergarten. Tim geht nicht in den Kindergarten.
Aber zu Hause bei Marvin ist es nicht mehr langweilig. Er steht an dem Fenster in seinem Kinderzimmer. Er schaut hinaus. Jeden Tag. Es ist laut. Ein gelber Bagger fährt hin und her und hebt Erde aus. Die schaufelt er auf einen großen Lastwagen.
Früher hat er mit Tim im Kindergarten selbst Bagger und Lastwagen gefahren, im Sandkasten. Wie gerne würde er jetzt mit Tim am Fenster stehen und den Bauarbeitern zuschauen. »Da wird ein neues Haus gebaut«, weiß seine Mutter und strahlt ihn an. »Und rate mal, wer da einziehen wird!« Marvin schaut sie an, und bevor er etwas raten kann, platzt sie heraus: »Tim mit seinen Eltern und seiner Schwester!« Marvin schaut sie ungläubig an und springt ihr an den Hals. »Dann kann ich ja immer mit Tim spielen!«
»Und bevor das Haus fertig ist, kannst du wieder in den Kindergarten gehen, und alle Kinder sind zusammen. Wir werden das Corona-Virus besiegen!«
»Und ich darf endlich jeden Tag mit Tim spielen«, freut sich Marvin und tanzt durchs ganze Kinderzimmer.
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Dies ist ein Beitrag im Rahmen des Erzählprojektes von Publik-Forum »Die Liebe in Zeiten von Corona«. Wir laden unsere Leserinnen und Leser ein zu unserem Erzählprojekt: Bitte schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen, Nöte, Ängste und Ihre Zuversicht in Zeiten von Corona.