Die Liebe zum Frisör
Ich bin meine Haare
Frisöre und Frisörinnen – anscheinend waren sie nie so wichtig wie heute!
Warum ist das so? Diese Frage hat mir keine Ruhe gelassen. Und ich habe die Antwort gefunden.
Wo bleiben im Lockdown bitte schön meine freundschaftlichen Zuwendungen, meine Bestätigungen von Arbeitskolleg*innen, meine ach so notwendigen warmen Duschen?
In der guten alten Zeit erhielt ich sie beim Treffen mit Freund*innen, im Austausch mit Kolleg*innen, in Sätzen wie »Schön war´s« oder »Das mag ich so an dir« oder auch durch einen anerkennenden Blick auf der Straße. Das alles fällt weg.
Wem begegne ich aber immer noch täglich mehrmals? Richtig! Mir selbst – im Spiegel. Aber wenn ich mich auch nicht mehr ansehen mag und mich hässlich finde aufgrund meiner Frisur, dann kann noch nicht einmal ich selbst zu mir sagen: Gut, dass es dich gibt. Du bist okay.
Und was bleibt dann noch von mir übrig?
Männer mit extrem kurzen Haaren setzen den Rasierer etwas höher an. Die Frauen mit langen Haaren lassen dieselben einfach wachsen. Lockenköpfe haben gut reden: Ein Haarschnitt Marke Eigenbau fällt da überhaupt nicht auf. Aber was mache ich als Kurzglatthaarschnittfrau mit Strähnchen? Der Blick in den Spiegel führt täglich zu größerem Entsetzen. Mein Selbstbewusstsein schmilzt dahin wie Schnee in der Sonne.
Tatsächlich – Frisöre und Frisörinnen haben die Gabe, mich wieder aufrichten und mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern zu können. Wer kann das sonst in Zeiten wie diesen?
Morgen ist mein Frisörtermin.
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Dies ist ein Beitrag im Rahmen des Erzählprojektes von Publik-Forum »Die Liebe in Zeiten von Corona«. Wir laden unsere Leserinnen und Leser ein zu unserem Erzählprojekt: Bitte schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen, Nöte, Ängste und Ihre Zuversicht in Zeiten von Corona.