Kopftuch tragen
Gegen den Zwang
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Zieht das Kopftuch aus und solidarisiert euch!« Diese Aufforderung höre ich wieder häufiger. Ich kann die Wut verstehen. Dass die Mullahs im Iran ihre menschenverachtenden Repressionen mit dem Islam legitimeren, ist unerträglich. Es gibt keinen einzigen Vers im Koran, der eine Strafe für eine Frau vorsieht, die sich nicht verhüllen möchte. Es gibt jedoch viele Verse, die betonen, wie wichtig die Glaubensfreiheit ist. Was nützt ein Glaube, der nicht aus dem Herzen kommt? Der Koran verabscheut Heuchelei und erklärt kategorisch: »Es soll kein Zwang sein im Glauben« (Sure 2, 257). Wenn die Extremisten im Iran Menschen zwingen, islamische Gebote zu befolgen, und körperliche Strafen verhängen, dann verstoßen sie selbst gegen das koranische Gebot der Religionsfreiheit. Wahrer Glaube setzt Freiheit voraus.
Christine Grzegorek 02.12.2022:
Es besteht ein Unterschied zwischen einem Schmuckkreuzchen am Hals einer Dame und einem Kopftuch! Letzteres dient vorrangig der Sicherung männlicher Herrschaft über die Frau. Die Sehnsucht nach Selbstbestimmung ist spätestens bei Mädchen mit dem Beginn der Pubertät zu unterdrücken. Freiheit soll für muslimische Frauen eine unbekannte Erfahrung bleiben und ein selbstbewusster Umgang mit körperlichen Reizen außerhalb des eigenen Zuhauses wird durch Reglementieren, Kontrollieren und Strafen ersetzt. Keine Frau, die später in einer Demokratie das Kopftuch ablegte, gab an, es freiwillig getragen zu haben. Unbestritten ist, dass auch in liberalen Staaten emanzipierte Frauen ein Kopftuch bewusst und freiwillig tragen. Hier ist Freiheit als Voraussetzung der Freiwilligkeit zumindest formal gegeben. Aber nicht jede Muslima ist beruflich erfolgreich und wirtschaftlich unabhängig, bei der Mehrheit dürfte die Realität eine andere sein. Der »Gruppenzwang« der Familie und durch religiöse Verbände wird meines Erachtens unterschätzt.
Norbert Stallkamp 02.12.2022:
Die Journalistin Khola Maryam Hübsch geht in ihrer Einschätzung davon aus, dass der Freiheitskampf im Iran sich nicht gegen die Religion des Islam richtet, sondern gegen ein repressives Regime. Dies kommt einer Realitätsverweigerung gleich. Entsprechend der iranischen Verfassung versteht sich die islamische Republik als ein Gottesstaat, in dem die religiösen Führer die Staatsführer sind. Grundlage der Rechtsprechung ist die islamische Scharia, die mit den universellen Menschenrechten wie Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit oder der Gleichberechtigung von Mann und Frau nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.
Georg Lechner 21.11.2022, 18:25 Uhr:
Die Vermutung, dass das Verständnis für Religiosität schwindet, dürfte zutreffen. Ursachen dafür dürfte einerseits die konfessionellen Fehlentwicklungen (wie Klerikalismus oder spirituelle Defizite) und andererseits die Angst vor dem systemkritischen Kern (Egalitätsprinzip) der monotheistischen Religionen sein.
Helene Tschacher 07.11.2022, 17:23 Uhr:
Religion ist von Menschen gemacht, um eine Antwort zu geben, auf die Frage des Woher und Wohin; des Sinns des Daseins. Ein Gott kann dafür nicht herangezogen werden.
Ein Staat ist nicht neutral, wenn er alle Religionen gleichbehandelt sondern er hat die Aufgabe die Vereinbarkeit der religiösen Vorstellungen mit dem Grundgesetz und den Menschenrechten zu prüfen und zu entscheiden.
Der Behauptung „Der Missbrauch verbietet nicht den Gebrauch“ widerspreche ich: das hinduistische Swastika ist als NSDAP-Parteiabzeichen in mehreren Staaten verboten. Das Kopftuch kann nicht wertfrei getragen werden ohne den fundamentalreligiösen, gesellschaftlichen und geschichtlichen Hintergrund zu beachten.
Für mich hat das Kopftuch nichts mit Religiosität zu tun, sondern ist ein Relikt des Patriachats und der Spaltung.