Klagelied einer Klavierlehrerin
Nach etwa zwei Monaten im Distanzunterricht, der der Liebe zu meinem Beruf als Klavierpädagogin an einer Kölner Musikschule mittlerweile doch so einiges abverlangt, entstand das Gedicht »Klagelied einer Klavierlehrerin im Distanzunterricht«:
Seit Wochen seh‘ ich nur – wie schad‘ –
die Kids im Miniaturformat.
Das Tablet-Halten fällt mir schwer:
Mal dreh‘ ich’s längs, dann wieder quer.
Hab ich die Klaviatur im Blick,
fehlt meistens irgendwo ein Stück –
genauso wie beim Spieler.
Ist’s überhaupt mein Schüler?
Womöglich sitzt der Bruder dran,
der dieses Stück schon lange kann!
Das Kind lässt’s mich nicht wissen,
lässt’s doch den Kopf vermissen:
Ich seh’s nur bis zum Hals.
Und das reicht keinesfalls.
Noch übler geht’s mir mit dem Ton.
Ich weiß nicht, liegt’s am Mikrofon,
dass trotz des schnellen Internets
das Klangergebnis mich entsetzt?
Mal klirrt’s und scheppert’s da herum,
mal klingt’s wie im Aquarium
so dumpf und glucksend! Mysteriös!
Ich fühl‘ mich molto dolorös!
Ach, gäb‘ es doch mal ein legato
statt diesem ew’gen non-staccato,
dem non-piano, non-crescendo…
So ende ich denn mein Lamento
zwar glücklich, weil nicht infiziert,
jedoch GEHÖRIG irritiert!
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