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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 20/2013
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft
Der letzte Brief

Luthers offene Wunden

Das Reformationsjubiläum 2017 wirft seine Schatten voraus. Manche meinen: Das Ereignis ist kein Grund zum Feiern. Fragen an den Berner reformierten Theologen Peter Winzeler
von Wolf Südbeck-Baur vom 31.10.2013
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Peter Winzeler findet die Reformation so ziemlich das Beste, was den Europäern passieren konnte, trotz blutiger Begleitumstände: »Kennen Sie irgendein weltgeschichtliches Ereignis vergleichbarer Dimension – die Konstantinische Wende, die Französische Revolution, die Erklärung der Menschenrechte etwa –, das ohne Unfrieden und Tote ablief?« (Foto: privat)
Peter Winzeler findet die Reformation so ziemlich das Beste, was den Europäern passieren konnte, trotz blutiger Begleitumstände: »Kennen Sie irgendein weltgeschichtliches Ereignis vergleichbarer Dimension – die Konstantinische Wende, die Französische Revolution, die Erklärung der Menschenrechte etwa –, das ohne Unfrieden und Tote ablief?« (Foto: privat)
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Herr Winzeler, derzeit wird darüber gestritten, wie das Reformationsjubiläum 2017 angemessen gefeiert werden soll. Die Reformation hat Krieg, Unfrieden und die Kirchenspaltung gebracht. Gibt es da überhaupt etwas zu feiern?

Peter Winzeler: Eine gute Frage! Ich stelle eine Gegenfrage: Kennen Sie irgendein weltgeschichtliches Ereignis vergleichbarer Dimension – die Konstantinische Wende, die Französische Revolution, die Erklärung der Menschenrechte etwa –, das ohne Unfrieden und Tote ablief? So gesehen hätte auch der Staat Israel nie gegründet werden dürfen.

Dennoch bleibt die Frage: Was gibt es am Reformationsjubiläum zu feiern?

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gerd autrum 12.11.2013, 17:15 Uhr:
Winzeler: Ich finde es wichtig, die Fragestellungen des Zürcher Reformators Zwingli zu berücksichtigen. Er war der bedeutendste, vielleicht notwendigste Widersacher Martin Luthers und hat den Finger in die offene Wunde von Luthers größtem Sündenfall, dem Antijudaismus, gelegt.
An dieser Aussage möchte ich meinen Kommentar festmachen. Für mich haben Jubiläen stets einen bitteren Beigeschmack, weil aus dem komplexen Geschehen einer Epoche oder eines einzelnen Ereignisses eine Geschichtsschreibung entsteht, die nur die Aspekte beleuchten, die die sogenannten „Erben“ und „Sachwalter“ der Geschichte für ihre eigenen machtpolitischen Interessen instrumentalisieren. Und so ist insbesondere der Antijudaismus das zentrale Thema, wenn wir ernsthaft eine Aussöhnung der Religionen voranbringen wollen. Ohne das Eingeständnis, dass die christlichen Kirchen (und auch der Islam) die geistigen Väter des Antisemitismus sind, müssen alle ökumenischen Aktivitäten scheitern.

Paul Haverkamp 01.11.2013, 18:25 Uhr:
„Für mich ist das Jubiläum vielmehr ein Anlass der Besinnung und der Umkehr. Wir haben als Protestanten auch eine unglückliche Geschichte zu verantworten, die uns bis heute nicht loslässt.“

Genau das ist der Punkt! Das Jubiläumsjahr 1517 sollte u.a. auch Anlass dafür sein, dass beide (!!!) Kirchen ihre schuldhaften Verstrickungen in ihrem Verhältnis zu den Juden – unseren älteren Brüdern und Schwestern - noch einmal deutlich dokumentieren und zugleich versuchen, gemeinsame Lösungsvorschläge zu erarbeiten, wie man Antijudaismus, Ausgrenzungen, Ausländerfeindlichkeit der Gegenwart intensiver und wirksamer bekämpfen kann.

Nichts sollte an Verfehlungen, Schuld, Unmenschlichkeit und Menschenverachtung vergessen bzw. beschönigt werden.

Für eine humane Gestaltung der Gegenwart ist es unerlässlich, den immer wieder auftretenden Einstellungen der Ausländerfeindlichkeit, Xenophobie, Chauvinismus und Rassismus ein mutiges und nachhaltiges Nein entgegenzusetzen.

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