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Papst-Rücktritt: Die Kirche hält den Atem an

Papst Benedikt gibt sein Amt auf: Die Meldung kam überraschend, aber nach den Regeln des Kirchenrechts ist der Rücktritt rechtsgültig angekündigt. Gemäß Canon 332, Paragraf 2, muss er nur »frei vollzogen« und »hinreichend kundgemacht« sein – und schon 2010 hatte Benedikt einen Rücktritt nicht ausgeschlossen. Ein Kommentar von Hermann Häring
von Hermann Häring vom 11.02.2013
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Papst Benedikt kündigt seinen Rücktritt an: «Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin
ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener
Weise den Petrusdienst auszuüben.» (Foto: pa/Spaziani)
Papst Benedikt kündigt seinen Rücktritt an: «Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.» (Foto: pa/Spaziani)
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Diese Entscheidung verdient auch den Respekt aller Kritiker. Wie will man von einer Einzelperson im Alter von 85 Jahren noch erwarten, dass sie eine Gemeinschaft von 1,28 Milliarden Menschen verantwortlich leitet? Und wer möchte von außen über den Gesundheitszustand des Papstes ein begründetes Urteil fällen? Nein, darüber haben wir mit Achtung zu schweigen.

Dennoch hält die römisch-katholische Kirche bei diesem ersten Papstrücktritt seit 719 Jahren den Atem an, denn die krisenhaften Begleiterscheinungen dieses unterwarteten Ereignisses sind nun einmal unverkennbar. Nichts deutete auf diese Entscheidung hin. Bei genauerem Hinsehen wird man jedoch klüger. Hat Papst Benedikt XVI. den inneren Zustand seiner Kirche besser durchschaut als wir es vermuteten?

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Anne Dördelmann-Lueg 14.02.2013, 20:26 Uhr:
Es bedarf schon eines Herzens aus Stein, wäre man/frau von der Rücktrittsankündigung eines alten, kranken und kraftlosen, vielleicht auch resignierten Papstes nicht angerührt. Vielleicht gehen seine Gedanken in diesen Tagen ja zu jenen tausenden von Priestern, die angesichts ihrer Zölibatsverpflichtung kraftlos zu werden drohten und von eben jenem Papst und seinen Vorgängern erbarmungslos in die Wüste geschickt wurden. Für sie kommt dieses menschliche Signal zu spät. Vielleicht auch zu spät für die kraftlose und sieche europäische Kirche. Bei allem Verständnis beschleicht mich doch das schale Gefühl, dass dieser Papst angesichts der Konfrontation mit seinen Grenzen für sich in Anspruch nimmt, was er anderen verwehrt hat: neue Wege zu gehen, wenn die alten an Mauern enden.

gunther britz 12.02.2013, 15:40 Uhr:
Was heißt „Den Atem anhalten“ – ich finde, der Rücktritt ist in diesem Fall ein sehr überzeugender und nicht zuletzt auch sehr menschlicher Schritt. Ist es nicht ganz normal, dass man ein so schwieriges und kräftezehrendes Amt wie das des Papstes nach einer angemessenen Zeit, zumal mit 85 Jahren, abgibt? Bei uns in der Firma werden die Leute in aller Regel schon mit Anfang 50 (!) langsam und diskret „abgeschoben“, weil man ihnen nichts mehr zutraut!

Nach den, zum Teil auch von Rom zu vertretenen, allseits bekannten Skandalen der letzten Jahre nun wirklich kein Wunder: Das Ansehen der Kath. Kirche ist, jedenfalls in Mitteleuropa, nach meinem Eindruck derzeit absolut „im Keller“; den breiten „mainstream“ interessiert doch schon gar nicht mehr, was der Papst oder Pfarrer und Bischöfe – von wenigen löblichen Ausnahmen wie Kamphaus oder Niemöller abgesehen - sagen! Dies letztlich wohl deshalb, weil Anspruch und Realität einfach zu weit auseinanderklaffen. Da wird es viel aufzuholen gebe

Heinz Pütter 12.02.2013, 10:13 Uhr:
Hat Papst Benedikt XVI. den inneren Zustand seiner Kirche besser durchschaut als wir es vermuteten? Ich denke schon, es wird immer schwieriger werden. In Zeiten zunehmender individueller Verunsicherung muss sich die Philosophie praktisch bewähren und Orientierungshilfe leisten, heute nicht anders als zu Zeiten der Spätantike. Plotin propagierte seinerzeit die schon von Platon ausgegebene Losung von der "Wendung des Menschen nach innen".
Der amerikanische Soziologe David Riesman hat vor über 50 Jahren in seinem Hauptwerk und Bestseller "The lonely crowd" (Die einsame, genauer: ängstliche Masse) drei moderne Sozialcharaktere unterschieden: den traditional-, den innen- und den aussengeileiteten Menschen, wobei der erste heute kaum noch eine Rolle spielt. Der innengesteuerte Mensch verfügt über einen virtuellen Kompass an bestimmten Normen und Werten, die für ihn richtungsweisend und handlungsrelevant sind.

Stefan Schaab 11.02.2013, 20:05 Uhr:
Die Entscheidung kam zwar überraschend, aber sie dürfte eine der besten seines Pontifikates sein.
Eine Chance für Veränderung ist jetzt zwar gegeben, aber es ist fraglich, ob sie genutzt wird.
In den letzten Jahren, ja Jahrzehnten wurde Gruppen, die die Kirche als politische Unterstützung für rechtsgerichtete Ansichten mißbraucht haben, viel zu viel Raum in der Kirche gegeben. Das wird sich noch bitter rächen, und zwar vor allem für die Kirche selbst.
Daß sich jetzt quasi über Nacht mit dem Papstrücktritt das alles ändert, ist eher unwahrscheinlich.
Man sollte in der Kirche nicht so sehr auf Veränderungen durch den nächsten Papst hoffen, sondern dadurch, daß Menschen, denen ein am Evangelium und Spiritualität orientierter Glaube, in der Kirche offensiver auftreten.

Der Papst ist einer unter vielen in der Kirche, und seine Größe wird an seiner Fähigkeit gemessen werden, dem Glauben Raum zu geben und nicht der Selbstbezüglichkeit der Kirche.


Paul Haverkamp 11.02.2013, 18:51 Uhr:
Endlich bekommt die kath. Kirche eine Chance, im 3. Jahrtausend anzukommen.
Dieser Papst war ein Reformverhinderer bzw. Reformverweigerer.

Durch seinen rückwärtsgewandten und vorkonziliaren Kurs trägt er große Mitverantwortung und Mitschuld am desaströsen Zustand der kath. Kirche.
Folge dieser von Benedikt zu verantwortenden Rückwärtsstrategie ist es, dass immer mehr Katholiken die kath. Amtskirche nur noch konnotieren mit Begriffen wie Rückwärtsgewandtheit, Unbarmherzigkeit gegenüber Menschen mit gescheiterten Biografien, Seelsorgevernachlässigung, Priester als Pastoralmanager, Reformunwilligkeit, Glaubwürdigkeitsproblemen, Diskussionsheucheleien, Pflichtzölibat, Pädophilieverbrechen, Kirchenschließungen, Gemeindezusammenlegungen, Demokratiefeindlichkeit und Frauendiskriminierung.

Die kath. Amtskirche ist in den Augen vieler Menschen eine Institution aus vergangenen Jahrhunderten, die sich weigert, in der Gegenwart anzukommen.

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