Unser Kaplan aus Nigeria
Mich bewegt, wie es unserem Kaplan, einem »Gastarbeiter«, aus Nigeria mit den Einschränkungen geht.
Kaplan Matthew (Name geändert) ist fast schon zwei Jahre in unserer Pfarreiengemeinschaft. Er bemüht sich sehr, aber sein Deutsch ist noch sehr verbesserungswürdig. Der Pfarrer hat ihm als Aufgaben neben einem Teil der Gottesdienste vor allem die Krankenbesuche und Beerdigungen übertragen. Aus seiner Heimat kennt er lebendige Gottesdienste mit einer großen Gemeinde mit Alten und vor allem vielen Jungen, da wird gesungen und getanzt, auch seine Dorfgemeinschaft und seine Familie fehlen ihm sehr.
Ich habe, bevor Matthew kam, Deutsch für nicht anerkannte Asylbewerber unterrichtet. Weil zurzeit kein Bedarf ist (die Flüchtlinge sitzen alle auf Lesbos fest), bot ich an, mit unserem Kaplan ein wenig Deutschunterricht zu machen. Ich war einmal Entwicklungshelfer in einem Land mit Englisch als Amtssprache und habe als Lehrer auch katholische Religionslehre unterrichtet, so kam ich zu der Ehre, mit Matthew seine Predigten zu überarbeiten.
Jeden Mittwochvormittag hatten wir ein ausführliches Predigtgespräch. Wir übersetzten die Predigt in einfache Sprache, die auf dem Dorf vielleicht besser ankommt, und erläuterten Kernaussagen. Das waren für mich und wohl auch für Matthew wertvolle Stunden. Oft sagte Matthew beim nächsten Treffen, dass ihn Leute wegen der Predigt angesprochen und sich bedankt hätten.
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Das ist nun nicht möglich. Aber ich habe ihn ermutigt, weiter Sonntagspredigten zu erarbeiten, so bekomme ich die Predigten weiter und schicke sie mit meinen Gedanken an Matthew zurück. Ich bringe die Sonntagspredigt, wenn er einverstanden ist, auch an der Info-Tafel der Kirchengemeinde an und lege einige Exemplare im Schriftenstand der Kirche aus. Und Matthew freut sich, dass wenigstens dieser Weg noch offen ist.
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