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Zurück in die Zukunft

von Elfi Kosch, Aachen
vom 15.07.2020
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Meine Schwiegereltern haben im Herbst 1947 geheiratet.

Anlässlich dieses Ereignisses hat meine Schwiegermutter Brigitte damals ein Glückwunschschreiben von einem der Geschäftspartner ihres Vaters bekommen, das so liebevoll und warmherzig geschrieben war, dass sie es bis zu ihrem Tod aufgehoben hat.

Am Anfang der Corona-Kontaktbeschränkungen haben Uli und ich, wie so viele andere, die Zeit genutzt, um alte Unterlagen durchzusehen und zu entsorgen. Dabei ist uns unter vielen anderen interessanten Erinnerungsstücken dieser Brief in die Hände gefallen.

Der Brief wurde vor fast 73 Jahren geschrieben, in der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, die geprägt war von Not und Hunger, Zerstörung, Traumatisierung und Improvisation. Hamsterfahrten aus den Städten aufs Land, Schmuggel hier im Grenzgebiet – alle möglichen Überlebensstrategien bestimmten den Alltag der Menschen.

Im Brief heißt es:

»Selten – sehr selten –, bringt in dieser tristen Zeit die Post einmal eine freudige Nachricht. Meist sind es Wehklagen über Krankheit, Entbehrung und Enttäuschungen und wir wissen ja aus eigener Erfahrung, wie selten in jeder Familie ein Sonnenstrahl geworden ist.
Umso mehr Freude erregt es, wenn uns eine Nachricht erreicht, voll des Glückes, voll der Hoffnung, wenn ein Paar sich zum Lebensbund zusammen gefunden hat, den Mut hat, eine Familie zu gründen, einen Entschluss fasst, der so viel Lebensbejahung umschließt, dass wir uns schon um dieser positiven Einstellung zum Dasein halber freuen, uns an ihr erbauen und den leidigen Pessimismus abstreifen sollten.«

Und nun, fast ein Menschenleben später, sehen wir zurück auf diese Zeit, wir, die »Früchte« aus dieser damaligen Verbindung, (Wenn Brigitte damals nicht den Franz geheiratet hätte, dann gäbe es Uli nicht und auch nicht die Aachener Familie K. samt zahlreichem Anhang). Wir sehen, wie sich die Zeit verändert hat, seit unserer Geburt, kurz nach der besagten Hochzeit. Wir haben das Wirtschaftswunder erlebt. Alles wurde für unsere Familien besser. Der Wohlstand wuchs, die Gesundheitsversorgung wurde besser und besser, das Bildungssystem stand allen offen, die Renten waren sicher, und Frieden wurde selbstverständlich. Und so ist es bis heute geblieben, auch wenn es zwischenzeitlich die eine oder andere Erschütterung gegeben hat, wie Tchernobyl, Finanzkrise und Flüchtlingskrise und Donald Trump. Zumindest hier in unserem Land, in unserem Europa, in unseren »Kreisen«.

Und dann kam das Virus.
Die Coronazeit, in der wir heute stecken, wird von manchen Politikern als die schlimmste Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg bezeichnet. Die Vertreter der Industrie malen eine Weltwirtschaftskrise ungeahnten Ausmaßes vor unser aller Augen. Eine Pandemie »biblischen Ausmaßes«, diese Formulierung habe ich irgendwo gelesen.

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Und ganz sicher ist es auch eine schlimme, eine schwere Zeit. Wir müssen auf uns selbst und auf unsere Gesundheit aufpassen, was noch das Geringste ist. Unsere Gesellschaft muss aufpassen, dass sie sich nicht spaltet. Wir müssen alle aufpassen, dass unsere Demokratie nicht leidet. Abwägen, Vernunft walten lassen und bereit sein, Kompromisse zu schließen und diese dann zu akzeptieren. Das ist die Herausforderung für unsere Politiker und auch für uns.

In 70 Jahren werden sich meine Enkel vielleicht an diese Zeit erinnern können. Wie werden sie dann leben? Mit welchen Herausforderungen werden sie in ihrer Lebenszeit fertig geworden sein müssen? Wird alles besser, so wie damals – 1947 – alles besser wurde?

Ich weiß es nicht.

Aber ich habe die Gewissheit, dass wir alle ein Teil von Gottes spannender Geschichte mit den Menschen auf dieser Erdkugel sind – und wir sollen sicher kein passiver Teil sein. Denn wir haben genug Verstand mitbekommen, dass wir aus der Vergangenheit lernen und jetzt für die Zukunft handeln, damit es besser wird – und zwar für alle.

In dem alten Brief heißt es zum Schluss:
»Und wenn Sie, liebe Frau Brigitte ... das Dasein umfassen, fest umfassen, werden Sie ihm den alten Spruch der Bibel zurufen: Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn! Und dieser Segen, der nicht ausbleiben möge, soll ihr Begleiter sein auf ihrer gemeinsamen Lebenswanderung ...«

Mit dieser Stimme aus der Vergangenheit möchte ich uns heute Hoffnung für alle Zukunft machen.

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Alle Beiträge des Erzählprojektes »Die Liebe in Zeiten von Corona«

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Schlagwörter: Briefe Hoffnung
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