Christoph Fleischmann
Der südafrikanische Aktivist, der sich für bezahlbare Aids-Medikamente einsetzte und mir erklärte, dass er auch als Atheist getrost sterben könne; die Missbrauchsüberlebende, die mir die Akten öffnete, in denen ihr Schicksal und ihr Kampf mit der Sozialbehörde enthalten war; die Restauratorin im Germanischen Nationalmuseum, die mir die Heiligen Drei Könige zeigte, die tänzelnd zur Krippe laufen – das waren Begegnungen, die mich berührt haben und um derentwillen ich den Beruf des Journalisten liebe.
Ich treffe Menschen und sammle dabei Wörter und Sätze. Diese Wörter sickern in mich ein, und ich arrangiere sie neu. Ich lebe von dem, was andere sagen oder schreiben und ich tue dasselbe: Ich schreibe und sage etwas – aus den Wörtern und Sätzen der anderen.
»I am a lone arranger«, sagt der Musiker Manfred Mann. So geht es auch mir. Ich sitze oft allein am Schreibtisch, aber einsam bin ich nicht, ich habe ja die Wörter der anderen – und ab und an verlasse ich den Schreibtisch, um interessante Menschen zu treffen.
Sonst noch was?
KURZBIOGRAFIE: Ich bin im ostwestfälischen Minden groß geworden, habe in den Neunzigerjahren in Wuppertal, Tübingen und Madurai (Indien) evangelische Theologie studiert, danach eine Hospitanz beim Schwäbischen Tagblatt in Tübingen gemacht und angefangen journalistische Texte zu schreiben, unter anderem für Publik-Forum. Nach dem Vikariat bei der Evangelischen Kirche in Westfalen wollte ich lieber journalieren als pfarrern. 17 Jahre lang habe ich freiberuflich als Journalist und Moderator gearbeitet – überwiegend für den WDR-Hörfunk und andere ARD-Sender –, bevor ich 2020 zur Redaktion von Publik-Forum gekommen bin.