»Jetzt machst du das«
Herr Pawlowski, am 28. Januar 1972 erschien unter Ihrer redaktionellen Verantwortung das erste Mal Publik-Forum. Drei Monate zuvor hatten die deutschen katholischen Bischöfe die Wochenzeitung Publik nach drei Jahren Bestehen eingestampft. Was war die größte Hürde bei der Gründung?
Die größte Hürde war, dass niemand wusste, ob es gelingen würde. Und es ging sehr turbulent zu: Die Leserinitiative Publik war erst gegründet worden.
Wie wurden Sie Publik-Forum-Gründer?
Ich war in Frankfurt geblieben und von Beginn an dabei. Als Betriebsratsvorsitzender von Publik verhandelte ich über Abfindungen für die Mitarbeiter in Redaktion und Verlag mit dem Generalsekretär der Bischofskonferenz. Ich wickelte ab, und gleichzeitig wickelte ich auf: für ein neues Publik, für eine unabhängige christliche Zeitschrift.
Woher nahmen Sie den Mut, ohne Absicherung als alleiniger Redakteur eine Zeitschrift mit ungewisser Zukunft aufzubauen?
Ich war immer der Auffassung: Die Sicherheit muss man sich selber schaffen. Also habe ich mir gegenüber den Bedenkenträgern Scheuklappen aufgesetzt und Gas gegeben – nach dem Motto: Jetzt hast du dich entschlossen, jetzt machst du das. So saß ich Anfang 1972 mit studentischen Aktivisten in den Räumen der Studentenvertretung der Jesuiten-Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main und verfasste mit ihnen zusammen Werbetexte für den Publik-Nachfolger. Sie wurden an Multiplikatoren in der ganzen Bundesrepublik verschickt. So sammelten wir Abonnementserklärungen und Spenden.
Auf wen konnten Sie bauen, als Publik-Forum aus der Taufe gehoben wurde?
Da waren Politiker aller damaligen Parteien, Prominente und Theologen, etwa Karl Rahner, Jürgen Moltmann, Marie-Luise Kaschnitz, Luise Rinser, sogar zwei spätere Kardinäle: Walter Kasper und Karl Lehmann. Sie alle gehörten dem ersten Beirat von Publik-Forum an. Und dann gab es Aktive, eine Gruppe von Studierenden in Sankt Georgen und an der Dominikaner-Hochschule in Walberberg.
Haben Sie daran geglaubt, dass das Projekt Erfolg haben wird? Schließlich war die erste Ausgabe mit zwölf Seiten nur durch Spenden finanziert.
Mir war klar, dass alles nur langsam anläuft. Aber ab der ersten Ausgabe hatten wir ja Abonnenten – es waren bald 7000 – und damit eine gewisse Sicherheit. Parallel habe ich für den WDR als freier Journalist Fernsehbeiträge produziert. Ohne diese Verdienstquelle wäre es nicht gegangen. Aber es war eine gewaltige Belastung.
Sie hatten mit Ihrer Frau drei kleine Kinder und ein nur notdürftig fertiggestelltes Haus in Bruchköbel. Die Baufirma ging in Konkurs.
Trotzdem wurde der Bau abgeschlossen. Im Keller befand sich mehrere Jahre lang die Redaktion von Publik-Forum, ehe sie dann nach Frankfurt umzog.
Was war Ihr schönstes Erlebnis in dieser Zeit?
Oh Gott (seufzt und überlegt). Schön war, dass meine Frau an meiner Seite stand und das Projekt Publik-Forum mitgetragen hat. Später verfolgte sie ein eigenes Projekt: Beratungsstellen für Frauen in Not.
Was wünschen Sie Publik-Forum für die Zukunft?
Vor allem Durchhaltevermögen. Sodann den Blick für die damit verbundenen Chancen und die Kraft, diese auch zu nutzen.