Filmtipp: »Ein stummer Hund will ich nicht sein!«
Pfarrer züchtete Apfelsorten im KZ Dachau

Kino. »Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen«, soll Martin Luther gesagt haben. So hielt es auch der katholische Priester Korbinian Aigner. Als Häftling im Konzentrationslager Dachau züchtete er zwischen Baracken heimlich vier Apfelsorten und schmuggelte die Sämlinge aus dem Lager. Dieses Doku-Drama ist ein lebendiges Porträt des »Apfelpfarrers« (1885-1966), der in Hohenpolding bei Freising als ältester Sohn von elf Kindern einer Bauernfamilie geboren wurde.
Seine Lebenschronik, zusammengestellt aus Gerichtsprotokollen, Archivmaterial, nachinszenierten Szenen, Animationssequenzen und Interviews mit Zeitzeugen und Nachkommen von Holocaustopfern, gewährt auch Einblicke in das System der Vernichtungslager. Aigner, der bereits 1923 die Gefahr durch Hitler erkannte, machte auf der Kanzel und als Lehrer nie einen Hehl aus seiner Ablehnung der Nazis. 1939 wurde er von einer Lehrerin wegen einer Bemerkung zum Hitler-Attentat im Bürgerbräukeller denunziert. Im KZ Dachau musste er im »Pfarrerblock« Zwangsarbeit in dem nach anthroposophischer Methode bewirtschafteten »Kräutergarten« leisten. Wie so viele sprach er nach seiner Entlassung kaum über die durchlebten Gräuel. Zu Wort kommen stattdessen die Nachfahren einer Rom-Familie, darunter der Musiker Harri Stojka, und ein 100-jähriger KZ-Überlebender aus der Ukraine. Landpfarrer Aigner widmete sich schließlich auch der Malerei und zeichnete … Äpfel. Als junger Seminarist einst dafür kritisiert, dass er »mehr Pomologe als Theologe« sei, war der Apfel für ihn das Sinnbild »des Wunders der Schöpfung«. Der schönste Beweis dafür ist der Apfel mit der Kennung »KZ 3«, der sogenannte »Korbinians-Apfel«, der weltweit an Holocaustgedenkstätten gepflanzt wird.
Ein stummer Hund will ich nicht sein! (D 2025). Film von Walter Steffen. 100 Min. Ab 12 J.
