Filmtipp
Der Landkarte verdrängter Erinnerungen folgen
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Kino. Nach dem Mauerfall, im Jahr 1991, reist die New Yorker Journalistin Ruthie nach Polen – auf den Spuren der Vergangenheit ihrer jüdischen Familie. Ihr Vater Edek kommt nach, doch schon bei seiner Abholung auf dem Flughafen in Warschau gibt es Ärger. Edek, der als Einziger seiner Familie das Vernichtungslager Auschwitz überlebte, ist nur wenig daran interessiert, die Orte seiner Kindheit zu besuchen. Fast scheint es, als wolle er Ruthies Pläne torpedieren. Während sie bei ihrer energischen Recherche in Łódź und Krakau die alte Fabrik der Familie besichtigt, bleibt der Vater auf Abstand. Stattdessen freundet er sich mit einem Taxifahrer an, flirtet im Hotel mit Dolmetscherinnen und nervt die angespannte Ruthie mit Fragen nach ihrem Ex-Mann und ihrem Liebesleben. In der Verfilmung des Romans »Zu viele Männer« von Lily Brett wird eine Landkarte der Erinnerung skizziert, in deren Zentrum das nahezu unsichtbar gewordene Grauen steht. Nur ein paar Backsteinmauern, überwucherte Gleise, das Sonntagsgeschirr geben Zeugnis ab von den Ermordeten, über die Edek nicht sprechen will. Sein unwiderstehlicher Pragmatismus und Ruthies Neurosen erweisen sich als kommunizierende Röhren: Je verwirrter und dadurch lockerer sie wird, umso mehr öffnet sich der Vater seiner verdrängten Trauer. Sie sind ein wunderbar kontrastierendes Paar: der Brite Stephen Fry als leicht verlotterter Vater, der mit Hinz und Kunz ins Quatschen kommt, und das Multitalent Lena Dunham als seine Tochter, die ihre Lebenskrise mit dem Blick auf die familiäre Vergangenheit in den Griff zu bekommen versucht. Über Bande erzählt der Film vom Schrecken des Holocausts, von den Strategien der Überlebenden und einem transgenerationalen Trauma. Unprätentiös, humorvoll und bewegend, ist dieses Roadmovie zugleich ein feinfühliges Vater-Tochter-Drama.