Corona hat mein Zuhause belebt
Als die ersten Informationen über den Ausbruch von Covid 19 in Europa durch die Medien geisterten und man erstarrt auf die Bilder aus Italien sah, bekam ich eine Whatsapp von meinem Bruder: »…wir fahren übermorgen von Südtirol zurück, drei Teilnehmer haben Anzeichen von Grippe, wir alle müssen in Quarantäne, sei so lieb und mach in Mutters Wohnung die Heizung an…« Da war ich also mit einem Atemzug mittendrin! Mein Bruder war mit einer Reisegruppe unterwegs gewesen, zwei Tage später richtete er sich in Mutters Wohnung, die ein Stockwerk höher liegt als meine, ein. Sie war noch im gleichen Zustand wie beim Eintritt unserer Mutter in ein Altenheim. Was ich vordem kritisiert hatte, erwies sich nun als äußerst praktisch. Und ich hatte etwas zu tun, obwohl sämtliche sonstigen Ehrenamts-Aufgaben aus Altersgründen gestrichen worden waren.
Nachdem mein Bruder zwei Wochen in unserem Elternhaus verbracht hatte, kam der nächste Gast: meine schwangere Nichte. Sie floh aus der engen Großstadtwohnung und genoß den Garten und meine Kochkünste, während sie sich auf die Facharztprüfung Anfang Juni vorbereitete. Corona hat also mein Zuhause belebt und mich gerade nicht isoliert.
Und inzwischen verdanke ich dem Virus noch etwas: den Genuß von freier Zeit. Seit meiner Pensionierung vor drei Jahren hatte ich mich in immer neue Aktivitäten gestürzt, um der Ödnis des Nichtstuns zu entgehen, Tatenlosigkeit hatte ich mit Sinnlosigkeit gleichgesetzt. Aber der Zwang, die Tätigkeiten zurückzufahren, hat mich zwangloser werden lassen und offen für Muße. – Nun erst bin ich im Lebensabschnitt Pension wirklich angekommen.
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