Eine Münchner Geschichte
Die Aufforderung: »Corona, i mog di ned. Geh jetzt bitte wieder hoam«, erinnert unweigerlich an manche Szenen aus dem bayerischen Komödienstadel, bloß wird dies dort nie schriftlich mitgeteilt, sondern knallhart dem einst geliebten Wesen ins verweinte Gesicht geschleudert.
»Fast wia im richtigen Leben«, pflegt man hierzulande zu sagen.
Wer auf dieser Tafel aufgefordert wird, »hoam zu gehen«, ist klar; wer es aber ist, der der lästigen Beziehung überdrüssig geworden ist, kann man nur mutmaßen. Es ist ein »Ich«, das man ruhig mit »Wir« übersetzen darf. Sonst stünde das Verdikt nicht so demonstrativ offen in der belebten Münchner Sendlinger Straße. Wo sonst das »Angebot der Woche« lockt, heißt es jetzt, die Ungeliebte solle verschwinden, damit endlich wieder die Tür zum Stammtisch geöffnet werden kann.
Auch im Bauerntheater hilft die Aufforderung nicht immer, aber ausgesprochen wird sie schon. Ein zerbrochenes Herz bleibt alleweil zurück.
Ob die Kreide verblasst, noch bevor die Dame »hoam geht«, bleibt abzuwarten.
Gewiss ist, dass auch bei einem misslungenen Theaterstück irgendwann der Vorhang fällt.
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