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Dieser Artikel stammt aus
Publik-Forum, Heft 6/2021
Der Inhalt:
Politik & Gesellschaft
Religion & Kirchen
In Publik-Forum 4/2021 verteidigte Markus Zehetbauer die Rede vom strafenden Gott als Teil der Botschaft Jesu. Ihm widersprach Eugen Drewermann in Heft 5/2021. Nun diskutieren Leserinnen und Leser/mehr
Leben & Kultur

Pro und Contra
Zerstört Corona die Kreativität?

Reisen, Feiern, Freunde treffen, ins Kino oder ins Restaurant gehen - das alles ist seit Ausbruch der Pandemie schwierig oder gar nicht mehr möglich. Stattdessen arbeiten viele im Homeoffice. Impulse von außen sind damit selten geworden. Leidet darunter auch die schöpferische Kraft?
vom 24.03.2021
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Kann man im Homeoffice noch kreativ bleiben? Darüber diskutieren zwei Mitglieder der Publik-Forum-Redaktion (Foto: istockphoto/Thomas Vogel)
Kann man im Homeoffice noch kreativ bleiben? Darüber diskutieren zwei Mitglieder der Publik-Forum-Redaktion (Foto: istockphoto/Thomas Vogel)

Christoph Seils:

Ja, die Pandemie lähmt das Denken!

Seit mittlerweile einem Jahr gehe ich nicht mehr in Bars, Ausstellungen oder Konzerte. Ich war auf keiner Veranstaltung mehr, auf keiner Party und auch nicht mehr im Fußballstadion. Freunde und Kollegen treffe ich nur noch selten, wenn, dann einzeln. Mein Leben spielt sich weitgehend zwischen Schreibtisch und Küchenherd ab. Unter Leute komme ich nur in Videokonferenzen mit wackeligen Bildern, schlechtem Ton und vor den immer selben Bücherwänden.

Dieser Artikel stammt aus Publik-Forum 06/2021 vom 26.03.2021, Seite 8
Lügen! Vertuschen! Diskriminieren!
Lügen! Vertuschen! Diskriminieren!
Jetzt gilt es, Farbe zu bekennen

Ich will nicht jammern, höchstens ein bisschen. Arbeit habe ich genug und bezahlt werde ich regelmäßig. Gesund bin ich auch. Doch in den Hype um das Homeoffice kann ich nicht einstimmen. Es lähmt das Denken und tötet jede Kreativität. Das Gerede von der Krise als Chance ist vor allem eines: Gerede.

Reisen bildet, Neugier macht erfinderisch. Jeder weiß, Emotionen können uns zu kreativen Höchstleistungen anstacheln. Nur: Wo sollen die neuen Ideen herkommen, wenn man nicht mehr gemeinsam feiert oder streitet, wenn mich niemand anregt, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Wenn es in einer Diskussion nicht auch mal sehr laut wird oder ganz leise. Wenn stattdessen das ganze Leben auf Standby gestellt ist.

Natürlich hat es mich überrascht, wie reibungslos die Arbeit nach Hause verlegt werden konnte, wie gut die digitale Technik funktioniert und wie schnell sich alle an die virtuellen Arbeitsabläufe gewöhnt haben. Aber alle arbeiten nur noch in ihren Routinen. Neues, Ungewöhnliches oder Mutiges wird nicht ausprobiert. Es gibt stattdessen ständig Videokonferenzen. Ich habe sogar schon an zwei parallel teilgenommen. Sieht ja keiner. Aber mein Kopf ist schon so eckig wie ein Bildschirm, dabei muss er doch rund sein, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Kurzum: Es wird Zeit, dass ich wieder rauskomme, ich will wieder unter Menschen, ich brauche neue Ideen.

Eva-Maria Lerch:

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Nein, denn Not macht erfinderisch!

Ich will hier ganz bestimmt kein Loblied auf das Virus singen, das uns zu einem besseren Leben verholfen hätte. Natürlich leide auch ich unter den fortlaufenden Lockdowns, sehne mich nach Kontakten, Abwechslung und dem Ausbruch aus der Gefangenschaft in den eigenen vier Wänden. Aber trotzdem habe ich den Eindruck, dass meine Zeitgenossen und ich in der Corona-Krise erstaunliche neue Ideen und Energien gesammelt haben, denn Not macht bekanntlich erfinderisch.

Die Pandemie hat fast alle eingespielten Alltags- und Arbeitsabläufe, die wir stets für selbstverständlich hielten, außer Kraft gesetzt. Das heißt, dass wir uns keiner Routine mehr überlassen können, sondern uns umstellen müssen. Solch neue Herausforderungen aktivieren die Gehirnzellen. Für mich hat das erst mal bedeutet, dass ich mich in digitale Programme wie slack, zoom und teams einarbeiten musste, obwohl ich schon über sechzig bin und mir die Mühe sonst nicht gemacht hätte. Jetzt bin ich froh, dass ich das alles gelernt habe, finde es bisweilen sogar spannend, kann mit Freunden aus der Ferne Bildschirmbilder malen und vergnügt in der weltumspannenden Emoji-Sprache kommunizieren.

Meine Frauengruppe, die sich bisher in geschlossenen Räumen versammelt hat, trifft sich nun zu Wanderungen, wo wir in wechselnden Zweierformationen über matschige Pfade stapfen und dabei überraschend vor Aus- und Einsichten stehen, die wir vorher nie gehabt haben. Und ein Freund, der im November Geburtstag feiert, lud uns diesmal nicht auf sein Sofa, sondern paarweise zum Lagerfeuer mit Glühwein unterm Sternenhimmel ein. Seine anderen Feste haben wir längst vergessen, dieses nicht.

Irgendwann, wenn diese schlimme Pandemie sich endlich ausgewütet hat, werden wir den Lockdown vielleicht wie einen Retreat betrachten, der schwer zu ertragen war – und aus dem doch eine neue Energie erwachsen ist.

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Personalaudioinformationstext:   Christoph Seils ist redaktioneller
Mitarbeiter von Publik-Forum im
Ressort »Politik«

Eva-Maria Lerch ist Redakteurin im Ressort »Leben und Kultur« von Publik-Forum
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Zerstört Corona die Kreativität?

Reisen, Feiern, Freunde treffen, ins Kino oder ins Restaurant gehen - das alles ist seit Ausbruch der Pandemie schwierig oder gar nicht mehr möglich. Stattdessen arbeiten viele im Homeoffice. Impulse von außen sind damit selten geworden. Leidet darunter auch die schöpferische Kraft?
37 x Ja, die Pandemie lähmt das Denken!
33 x Nein, denn Not macht erfinderisch!
insgesamt abgegebene Stimmen: 70
53%
Schlagwörter: Corona Kreativität
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Klaus Böttcher 20.11.2021, 15:05 Uhr:
Natürlich beeinflußt Corona unseren Lebensalltag gewaltig,aber für mich
hat unsere Regierung unseren Lebensrythmus durch Ihre ständigen
Änderungen mehr geschadet.Die Menschen sind verunsichert,da es keine
klaren Regeln gibt,und ehrlich,keiner weiß was genaues,aber alle wollen
es besser wissen,das macht unser Leben nicht einfacher.
Ich würde gerne einmal wieder verreisen oder Leute treffen,aber die Angst,wie komme ich von wo wieder nach Hause,ist groß.
Nach meiner Meinung wird Corona unser Leben noch lange in unserem Alltag
beeinflussen,ich glaube,da helfen 3G,2G und weitere Maßnahmen wenig,unser Leben wieder normal zu gestalten.Und damit ist das,was ich als mein Leben bezeichne,nicht mehr kreativ oder selbstbestimmt.

Luise Bortenschlager 06.04.2021, 17:47 Uhr:
Ich bin 83 Jahre und seit 12 Monaten in gezwungener Isolation, es ist wie in untersuchungshaft, wartend auf ein Urteil - Tod oder Leben. Ich hatte sehr viele Kontakte in und mit Gruppen verschiedenster Art. Alles ist weggefallen. Das einzige was geblieben ist sind Spaziergänge, aber allein!! Ich werde zu Hause träge und faul. Das ewige Alleinsein, keine Anregungen durch die Gruppen, die besuche bei Freundinnen dürfen nicht stattfinden. Jetzt warte ich auf den 2. Impftermin, und hoffe, das dann wieder Besuche sein dürfen. Meine Freude ist verhalten. Wer weiß was bis dahin wieder alles passiert - ein neuer Lockdown? Ich habe mir in dieser Zeit Internett angeschafft und gelernt damit umzugehen. Persönliche Kontakte d,h, Begegnungen mit Freundinnen wären m,ir lieber. "Alles wirkliche Leben ist Begegnung" Martin Buber. Ich wünsche mir das das bald wieder stattfinden kann. Luise Bortenschlager.

Gustav Haab 03.04.2021, 09:12 Uhr:
Es liegt an uns selbst, mit den Widrigkeiten der Pandemie umzugehen. Im Einzelfall sicher nicht immer einfach! Aber es liegt in der Natur des Menschen, gerade in scheinbar ausweglosen Situtionen kunstvolle und situative Möglichkeiten zu erdenken, die ohne den Druck (Herausforderung) nicht in Betracht gezogen worden wären!

Reiner Neises 29.03.2021, 21:19 Uhr:
Corona tötet nicht nur jede Kreativität, sondern auch fast alle sozialen Kontakte. Und was das Virus nicht schafft, erledigt die mittlerweile hochgradig ideologisierte und fast flächendeckend geltende Maskenpflicht – selbst draußen, wo sie überhaupt keinen Sinn macht und häufig sogar kontraproduktiv ist. Das bedeutet für mich: Nur noch die nötigsten Einkäufe, kein Museumsbesuch mehr, kein Flohmarkt, kaum noch Spaziergänge und Besuche auf dem Wochenmarkt, keine öffentlichen Verkehrsmittel und daher auch seit 12 Monaten einen einzigen – zwangsläufig nicht ganz legalen – Besuch bei meiner Familie. Das ist fast wie Knast mit Freigang zur Arbeit. Ich bewundere jeden, dem es gelingt mit Atmungserschwerungs- und Brillenbeschlagungsmasken noch einen klaren Gedanken zu fassen. Mir gelingt es kaum.

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