Gesellschaft im Krisenmodus
»Es ist zu viel und zu schnell«
von
Matthias Drobinski,
Nana Gerritzen
vom 09.09.2022
Krieg, Klimakrise, Pandemie: »Es gibt ein Missverhältnis von dringender Notwendigkeit und begrenzten Möglichkeiten«, sagt Nassehi. (Fotos: pa / Reuters / Alexander Ermochenko ; istockphoto / cinoby; istockphoto / fotografixx)
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Publik-Forum: Herr Nassehi, schauen Sie noch jeden Morgen aufs Handy, um zu erfahren, was in der Ukraine passiert ist? Oder sagen Sie, das kann ein bisschen warten?
Armin Nassehi: Das kann warten, sage ich nicht. Aber auch bei mir lässt die Aufmerksamkeit nach. In den ersten Tagen des Krieges habe ich jede Nachricht aufgesogen. Das wird jetzt überlagert durch andere Dinge: die Energieversorgung, die Frage nach den Fehlern des Westens, wie moskaunah die SPD war.
Ist das nicht auch Selbstschutz? Weil es Menschen überfordert, täglich über Tod und Leid nachzudenken?
Nassehi: Wir schützen so unseren Alltag. Schreckliche Meldungen gibt es immer, selten aber unterbrechen sie wirklich unser
Hella Knütel 07.10.2022:
Wie kommen wir da raus? Der Soziologe Armin Nassehi beklagt die Trägheit komplexer Gesellschaften und sagt unter anderem, »Trägheiten finden auch im Kopf statt«. Meinem Glauben nach ist diese Erkenntnis eine Steilvorlage für die Mobilisierung dessen, was die christlichen Kirchen im Gepäck haben. 1. Wie war das noch mit dem Heiligen Geist? – Er »weht, wo er will«, ist plötzlich da und durchaus wirkmächtiger als »Heer oder Kraft«. Er kann aus Saulussen Paulusse machen und aus Toten Lebendige. 2. Wie war das noch mit dem »Reich Gottes«, für das unser Vorbild Jesus eingestanden ist? – Es sei »mitten unter uns«, hat er gesagt. Das heißt jetzt, immer dann und dort, wo wir seine Stimme hören (zum Beispiel nach der Bergpredigt leben), verschwinden Angst, Bosheit und Irrung. 3. Wie war das noch mit Gott? – Einmal in der Woche über diese »heilige Leerstelle« nachzusinnen und dabei das menschliche Laufen und Wollen unter den »Willen Gottes« zu stellen, könnte unseren aktuellen Problemlagen den »Ruck« verleihen, der nötig wäre, um »da rauszukommen«.
Gerhard Loettel 07.10.2022:
Ich kann der Quintessenz des Interviews mit Armin Nassehi nicht zustimmen. Er geht fatalistisch davon aus, dass wir mindestens nicht schnell und umfassend genug aus unserer Alltagsroutine herausfinden könnten. Solcher Fatalismus bestätigt unsere Politiker geradezu in ihrer Alltagsroutine, nichts Neues und keine der Optionen der Friedensbewegung in Sachen Krieg mit Russland wenigstens einmal zu wagen. Auch Nassehi bedient die routinemäßige Schwarz-Weiß-Malerei, alles auf die Russen schieben und ja nicht hinter der eigenen Haustür nachsehen, ob und wie es anders gehen könnte. Verdrängt die Gefahr, was sich da eskalierend ereignen könnte. Vergessen, was uns John F. Kennedy sagte, nach dem man eine Atommacht niemals in eine Situation bringen dürfe, aus der sie keinen gesichtswahrenden Ausweg mehr finde. Da lobe ich mir den Aufsatz von Wolfgang Thierse im selben Heft. Thierse greift die Vision und Option von Michael Gorbatschow vom »Haus Europa« auf und von der Vision der Öffnung und dem Umbau gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse. Zu diesem Haus Europa gehören neben Frankreich, Italien und den Balkanstaaten eben auch die osteuropäischen Nachbarn samt Russland. Das mag manch westeuropäischen und transatlantischen Partnern nicht recht sein, ist aber unumwunden einmal notwendig. Ansonsten können wir den menschenmörderischen Krieg in Europa niemals beenden.